KALENDERBLATT NOVEMBER 2017

Joachim Jungius - größter Universalgelehrter unserer Universität

Porträtmedaillon von Joachim Jungius in der Aula der Universität Rostock (Foto: ITMZ).
Porträtmedaillon von Joachim Jungius in der Aula der Universität Rostock (Foto: ITMZ).

Den Fries der prächtigen Aula der Universität Rostock schmücken 16 Porträtmedaillons bedeutender Rostocker Gelehrter der Theologie, Jura, Medizin und Philosophie. Das zweite Bild an der Südwand, von links aus gesehen, stellt Joachim Jungius als Vertreter der einstigen Philosophischen Fakultät dar.

Joachim Jungius, am 22. Oktober 1587 in Lübeck geboren, studierte ab Mai 1606 Philosophie an der Universität Rostock. Unzufrieden mit der Metaphysik, wandte er sich zusätzlich dem Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften zu. Im April 1608 setzte er seine Studien in Gießen fort, wo er im Dezember desselben Jahres Magister Artium wurde. Schon ein Jahr später erhielt er als 23-Jähriger in Gießen eine Professur für Mathematik, lehrte aber auch Physik, Astronomie, Geographie und anderes. 1614 gab Jungius seinen Lehrstuhl auf, um sich in Augsburg gemeinsam mit Wolfgang Ratke (1551-1635), der 1593 auch in Rostock immatrikuliert war, und Christoph Helwig (1581-1635) der Erneuerung der Lehrkunst zu widmen. Er kehrte nach Lübeck zurück, weil er dort seine theoretischen Erkenntnisse zur Verbesserung des Unterrichts in der Schule anwenden wollte. Weil dieses Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt war, kehrte Jungius 1616 nach Rostock zurück und nahm ein Medizinstudium auf. Im Herbst 1618 wechselte er zum Abschluss seines Studiums an die Universität in Padua, die in der Medizin einen guten Ruf hatte. Dort wurde Joachim Jungius im Dezember 1618 zum Doktor der Medizin promoviert. Jungius kehrte 1619 nach Rostock zurück und wurde wieder als Mitglied der Philosophischen Fakultät aufgenommen. 1622 gründete er die Societas Ereunetica sive Zetetica, die erste naturwissenschaftliche Gesellschaft nördlich der Alpen. 1624 trat er die Professur für Niedere Mathematik an der Philosophischen Fakultät an und heiratete Katharina Havemann (gestorben 1638), eine Tochter aus einer bedeutenden Rostocker Medizinerfamilie.

Auf der Flucht vor der Pest, die 1624 und 1625 in Rostock wütete, weilte Jungius in Lübeck, Helmstedt, Braunschweig und Wolfenbüttel. Im September 1626 kehrte er nach Rostock auf seine verwaiste Professur zurück, floh aber 1628 vor den heranrückenden Truppen Wallensteins nach Hamburg.

1629 wurde Jungius dort in die Doppelstellung des Akademischen Gymnasiums und des Johanneums, einer Lateinschule, berufen. Jungius sollte diese beiden Schulen unter einem Dach reformieren. Neben dem Rektorat erhielt Jungius auch die Physikprofessur und die Aufgabe, ein Logik-Lehrbuch für die Hamburger Schulen zu schreiben. Es erschien erstmals 1635 in sechs Büchern als Logica Hamburgensis. 1640 legte Jungius das Rektorat des Johanneums nieder. Das Gymnasium leitete er bis zu seinem Tod 1657.

In einer Notiz aus dem Jahr 1678 wurde Joachim Jungius von Gottfried Wilhelm Leibniz nicht nur als einer der größten Mathematiker und Philosophen seiner Zeit, sondern auch als einer der bedeutendsten Köpfe, die Deutschland jemals hervorgebracht hat, bezeichnet. Für den Universalgelehrten Jungius war die Mathematik das große Vorbild für Wissenschaftserkenntnis und -darstellung: „wer sich erst einmal an die Vorzüge der Mathematik gewöhnt hat, der verlangt sie dann auch eifrig in den anderen Wissenschaften, soweit das möglich ist.“ [1]

Versetzt in die heutige Zeit, wäre Jungius sicherlich gleichzeitig Mitglied in der MNF, in der PHF, in der INF und in der UMR sowie außerdem, wegen seines großen Interesses an Didaktik, im Zentrum für Lehrerbildung.

1987, anlässlich seines 400. Geburtstags, ehrte die Rostocker Universität Joachim Jungius mit einer Festveranstaltung und erließ die Ordnung über die Verleihung des Joachim-Jungius-Preises der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock.

Wolfgang Peters

Quellen

[1] P. Jakubowski, H.-J. Stöhr (Hrsg.): Joachim Jungius (1587–1657) in seiner Zeit – für unsere Zeit. Universität Rostock, 1988.

[2] Biographie von Joachim Jungius, Jungius-Nachlass der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky. http://jungius.sub.uni-hamburg.de/index.php?id=2017 (abgerufen am 26.3.2017).