Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

Institut für Physik

Fachgebiet: Astrophysik

Betreuer: Prof. Dr. Ronald Redmer



Diplom-Physikerin Nadine Nettelmann
(e-mail: nadine.nettelmann@uni-rostock.de )

Materie unter extremen Bedingungen: Modellierung großer Planeten

Diese Arbeit knüpft an die langjährige Tradition der Rostocker Physik an, Zustandsgleichungen für den sowohl theoretisch als auch experimentell schwer zugänglichen Bereich der stark gekoppelten Materie zu entwickeln und intensiv zu testen. Große Planeten sind solche Testobjekte.

In der hier vorliegenden Arbeit habe ich eine ausführliche Darstellung des gesamten formalen, auf rein klassischer Mechanik beruhenden Unterbaus gewählt, auf dem die Modellierung starr rotierender Planeten im thermodynamischen Gleichgewicht fußt. Sein Verständnis ist von grundlegender Bedeutung für die Akzeptanz und Bewertung der Ergebnisse.

Mehrere Zustandsgleichungen (EOS) von Wasserstoff (H-EOS) werden an Jupiter getestet. Mit einigen H-EOS können keine Modelle erstellt werden, die mit allen Beobachtungsdaten gut verträglich sind, jedoch im Rahmen von Laborexperimenten nicht auszuschließen sind. Daher wird in dieser Arbeit erstmals dargelegt, wie Planetenmodelle auf eine durch die Zustandsgleichung vorgegebene Druck-Dichte Relation reagieren. Die daraus ergangenen Hinweise für im Hause erstellte H-EOS haben dazu beigetragen, die derzeit mit allen Daten am besten verträgliche Wasserstoffzustandsgleichung zu Stande zu bringen. Eine Vorhersage aus den Jupitermodellen, die sich noch in der Umsetzung befindet, ist z.B. die Unterschätzung des Druckes der EOS im 0.5-1 Megabar Bereich infolge von linearem Mischen von H und He. Die anhand der Jupitermodelle und experimentellen Daten für am besten befundene EOS, LM-REOS, enthält im relevanten Bereich der starken Kopplung ab initio EOS Daten.

Angewendet auf Saturn finden wir eine deutlich subsolare Heliumhäufigkeit im äußeren Mantel, und in Übereinstimmung mit in der Literatur angebenen Grenzwerten für die Masse des Kerns finden wir Werte zwischen 0 und 1/4 der Gesamtmasse, je nach wahl einer Schichtengrenze. Damit tragen wir zur Klärung der vor vielen Jahren aufgeworfenen Frage nach Saturns Kernmasse insofern bei, als dass erst die Frage der Schichtengrenze geklärt werden muss, die ein unabdingbarer Bestandteil der auf LM-REOS basierenden Modelle ist. Dies kann, ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit, nur zusammen mit einer Berechnung der Evolution unter Berücksichtung von H/He Phasentrenung und Sedimentation geschehen mit der Zwangsbedingung, Saturns Leuchtkraft und, falls in naher Zukunft bekannt, Heliumgehalt in der Atmosphäre zu reproduzieren.

Es konnte in dieser Arbeit erstmals eine qualitative Erklärung für Uranus' geringe Leuchtkraft im Zusammenhang mit seiner Zusammensetzung gefunden werden. Der Übergang von molekularem Wasser im äußeren Mantel zu ionisch dissoziierten Wasser im inneren Mantel fällt mit einem hohen Dichtegradienten zusammen. Unterhalb der leitenden Schicht, deren Ausdehnung gut mit Vorhersagen zur Magenetfeldgeneration übereinstimmt, erstreckt sich ein ausgedehnter Bereich, in dem Wasser die Bildung eines Sauerstoffgitters bevorzugt. Beide Eigenschaften können Konvektion und Wärmeaustausch behindern. Diese Arbeit motiviert die Berechnung des Phasendiagramms und der Wärmeleitfähigkeit von Mischungen aus Wasser, Methan und Wasserstoff. Die gewonnenen Ergebnisse wären nicht möglich gewesen ohne auf Dichtefunktionaltheorie und Molekulardynamik beruhenden EOS Daten für H, He, und H2O. Diese wurden von A.Kietzmann, M.French und B.Holst mit hohem Rechenaufwand erstellt, teilweise durch den SFB 654 finanziert und das RZ Rostock unterstützt.