Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

Institut für Chemie

Fachgebiet: Physikalische Chemie

Betreuer: Prof. Dr. Ralf Ludwig



Dipl.-Chem. Alexander Wulf
(e-mail: alexander-wulf@gmx.de )

Anion-Kation Wechselwirkungen in ionischen Flüssigkeiten: Wasserstoffbrücken und ihre Bedeutung für Struktur, Dynamik und Eigenschaften von ILs

In dieser Arbeit wird mit einer Kombination aus spektroskopischen und theoretischen Methoden eine systematische Studie der zwischenmolekularen Wechselwirkungen in ionischen Flüssigkeiten (ILs) mit dem Schwerpunkt auf Wasserstoffbrückenbindungen vorgelegt. Es kann gezeigt werden, dass Spektroskopie im fernen Infrarot als direkte Sonde für die Stärke von H-Brücken zwischen Anion und Kation dient. Die Frequenzen der Streckschwingungen dieser H-Brücken sind unmittelbar mit intermolekularen Bindungsenergien verknüpft.

Die Erkenntnis, dass H-Brücken imidazolium-basierte ILs im Gegensatz zu molekularen Flüssigkeiten fluider machen, kann mit Symmetriedefekten im Ladungsnetzwerk der Flüssigkeit erklärt werden. Dieser Effekt hat zentrale Bedeutung für die Synthese neuer, niedrigviskoser, bei Raumtemperatur flüssiger ILs einerseits und bei der Entwicklung von Kraftfeldern für die molekulardynamische Simulation dieser Fluide andererseits.

Die Korrelation intermolekularer Schwingungsfrequenzen mit gemessenen Verdampfungs-enthalpien imidazolium-basierter ionischer Flüssigkeiten erlaubt die Abschätzung dieser schwer messbaren Größe für neue, noch nicht charakterisierte ILs. In protischen ILs können Netzwerke aus H-Brücken identifiziert werden, die Ähnlichkeiten mit Wasser aufweisen.

Mithilfe von quantenchemischen Berechnungen und NBO-Analysen kann der Anteil von H-Brücken an der gesamten Wechselwirkungsenergie bestimmt werden. Die Variation der H-Brückenstärke erlaubt das "Tuning" physikalisch-chemischer Eigenschaften und damit einen Schritt hin zur IL als "designer solvent".

Die Korrelation von Messgrößen aus IR- und NMR-Spektroskopie gestattet die einfache Bestimmung von experimentell nicht zugänglichen Quadrupolkopplungskonstanten für diese Flüssigkeiten. Aus NMR-Relaxationsraten kann so die molekulare rotatorische Korrelationszeit, also die Dynamik einzelner Kationen in ILs ermittelt werden. Diese Einteilchendynamik bestimmt u.a. Volumeneigenschaften wie die Viskosität und ist wichtig für die Anwendung hydrodynamischer Theorien auf ionische Flüssigkeiten.