Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

Institut für Biowissenschaften

Fachgebiet: Zoologie

Betreuer: Prof. Dr. Stefan Richter



Dipl.-Biol. Martin Stegner
(e-mail: feuerschwade@yahoo.com )

Morphologie und Entwicklung des Nervensystems der Cephalocarida (Crustacea) in Bezug auf Evolution und Phylogenie der Tetraconata

Die Cephalocarida (Hufeisengarnelen) sind eine faszinierende Gruppe mariner Kleinkrebse, die sich gegenüber anderen Krebstieren durch ihre urtümliche äußere Morphologie auszeichnet. Zum ersten Mal wurde hier die Morphologie und Entwicklung des Nervensystems der Art Hutchinsoniella macracantha mit kombinierten modernen und klassischen neuroanatomischen Methoden untersucht (Semidünnschnitt, Immunfärbung, Konfokalmikroskopie, computergestützte 3D-Rekonstruktion).

Dies ermöglichte einen bisher einmaligen Vergleich zu neuroanatomischen Studien an anderen Gliederfüßern und verbesserte unser Verständnis der Evolution des Nervensystems. So befindet sich im olfaktorischen System der Cephalocarida ein komplexes sekundäres Assoziationszentrum, welches bei keinem anderen Krebstier vorkommt, aber Homologien zu Spinnentieren, Insekten und Hundertfüßern aufweist und folglich bis zum Vorfahren aller Gliederfüßer zurückreichen muss. Eine weitere Besonderheit gegenüber anderen Krebstieren findet sich im Bauchmark der Cephalocarida: Dort sind nicht nur die beintragenden, sondern auch beinlose Rumpfsegmente mit Ganglien ausgestattet. Während der Embryonal- und Larvalphase entwickeln sich die Rumpfganglien extrem früh, noch vor den Beinanlagen – wie es bei keinem anderen Gliederfüßer der Fall ist.

Da alle untersuchten neuroanatomischen Merkmale der Cephalocarida hier entweder als plesiomorph (ursprünglich) gegenüber dem Vorfahren aller Krebstiere oder als autapomorph (abgeleitet) interpretiert werden, können sie nicht zur Klärung der bis heute umstrittenen Verwandtschaftsverhältnisse der Krebstiere und Insekten herangezogen werden.