KALENDERBLATT JUNI 2013

Wilhelm Lenz am Institut für Physik

Wilhelm Lenz, Professor am Physikalischen Institut der Universität Rostock in den Jahren 1920/21, tritt vor 115 Jahren am 8. Februar 1888 in Frankfurt am Main ins Leben. Als Schüler von Arnold Sommerfeld (1868-1951) erlangt er die Doktorwürde und habilitiert sich in München. 1920 wird er Extraordinarius (a. o. Prof.) für Theoretische Physik in Rostock. Sein Nachfolger wird Otto Stern (1888-1969), der ebenso wie Lenz anschließend nach Hamburg wechselt. Nach dem Tode des a. o. Professors für Angewandte Mathematik Rudolf Heinrich Weber (1871-1920) fordert das Ministerium am 11.08.1920 die Philosophische Fakultät auf, für die Wiederbesetzung der Professur, jetzt für Theoretische Physik, zu sorgen. Die Berufungsliste lautet:

1. Dr. Wilhelm Lenz, Privatdozent an der Universität München
2. Dr. Peter Paul Ewald, Privatdozent an der Universität München
3. Dr. Walter Kossel, Technische Universität München

In der Begründung für Lenz wird ausgeführt, dass er in München für die Verleihung des Professorentitels vorgeschlagen und auf den Listen fast aller Neubesetzungen im Fach Theoretische Physik zu finden sei, so in Göttingen, Münster, Frankfurt/M. und Stuttgart. Wilhelm Lenz nimmt die Berufung an. Nachdem er zuvor vom 01.04.1911 an am Theoretischen Institut der Universität München tätig war, bleibt er nur zwei Semester (01.10.1920-30.09.1921) in Rostock. Das Vorlesungsverzeichnis des Sommersemesters 1921 beinhaltet die Lenz'sche Quantentheorie der Spektren. Zum 1. Oktober 1921 folgt er einem Ruf als ordentlicher Professor an das Physikalische Institut der Universität Hamburg. Er ist dort bis zum Wintersemester 1955/56 tätig, verstirbt am 30.04.1957 in Hamburg.

Jeder Physiker kennt heute den Runge-Lenz-Vektor und das Lenz-Ising-Modell, wobei letzteres in jeder Theorie-Vorlesung zur Statistischen Physik gelehrt wird. 1920 reicht Wilhelm Lenz in Rostock seinen Beitrag zum Verständnis der magnetischen Erscheinungen in festen Körpern zur Publikation ein. Aussschnitte dieser Publikation in der Physikalische Zeitschrift zeigen die Abbildungen. In der unteren findet man die Formel zur mittleren Magnetisierung, die in einer Übung zur Vorlesung Statistische Physik im Rahmen einer Spin-Kette (Lenz-Ising Modell) berechnet wird. Auf diesen Überlegungen aufbauend promovierte sein Doktorand Ernst Ising (1900-1998) 1924 in Hamburg zur Theorie des Magnetismus.

Auf Initiative des Autors findet am 19.12.2002 ein Rostocker Weihnachtskolloquium zum Lenz-Ising-Modell statt. Sigismund Kobe aus Dresden spricht zum Ising-Modell: Lenz und Rostock.

Reinhard Mahnke

Rostocker Publikation von Wilhelm Lenz in der Physikalischen Zeitschrift Bd. 21, 1920, S. 613 – 615 mit dem ersten Abschnitt (l.) und der Formel zur mittleren Magnetisierung (r.), die in einer Übung zur Vorlesung Statistische Physik im Rahmen einer Spin-Kette (Lenz-Ising-Modell) berechnet wird (Foto: H. Haarländer, Universitätsbibliothek Rostock).

Quellen

[1] Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00002338
[2] K. Reich: Der erste Professor für Theoretische Physik an der Universität Hamburg:Wilhelm Lenz. In: K.-H. Schlote, M. Schneider (Hrsg.) Mathematics meets physics, Verlag Harri Deutsch, Frankfurt/M., 2011, S. 89-144.
[3] St. G. Brush: History of the Lenz-Ising Model, Review of Modern Physics 39 (1967) S. 883-893; S. Kobe: Das Ising-Modell - gestern und heute, Physikalische Blätter 54 (1998) 917-920.