KALENDERBLATT APRIL 2014

In Memoriam Ernst-Albert Arndt (1927-2014)

Ernst-Albert Arndt im Jahre 2013 (Foto: Michael Arndt)

Nun kann man seine laute, begeisternde Stimme nicht mehr hören…

Ernst-Albert  Arndt ist nach einem erfüllten und glücklichen Leben im Februar 2014 im Alter von 86 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Die Universität Rostock verliert mit ihm einen akademischen Lehrer, der Generationen von Studenten mit seiner sprühenden Begeisterung für die Zoologie und Meeresbiologie prägte und einen anerkannten  Forscher, der nie seine  Neugier und die Faszination für die Wissenschaft verlor.  

E.-A. Arndt  wurde in Rostock geboren und hat hier die längste Zeit seines Lebens verbracht. Prägende Jahre seiner Kindheit erlebte er in einem kleinen Dorf nahe Alt-Schwerin, wo Interesse und Verbundenheit zur Natur ihren Anfang nahmen. Er besuchte von 1937 bis 1946 die Große Stadtschule in Rostock, unterbrochen durch Luftwaffenhelfer- und Arbeitsdienstzeit. Immer wieder hat er die besondere Bedeutung dieser Schuljahre, insbesondere den Einfluss seiner humanistischen Lehrer, hervorgehoben, die ihn entscheidend prägten. Während der Schulzeit entdeckte er sein zeichnerisches Talent, was ihm später die Bewunderung der Studenten bei seinen vielfarbigen Tafelbildern einbrachte.

Von Februar 1946 bis 1951 studierte er Biologie an der Rostocker Universität, promovierte 1954 und habilitierte sich 1959. Sein Einstieg in die Hochschullehrerlaufbahn in der DDR wurde erst möglich, nachdem sich der renommierter Professor Josef Spek (1895-1964), der von Heidelberg an die Universität Rostock gekommen war,  dafür eingesetzt hatte. Zu Beginn der 1960er Jahre wurde Herr Arndt, der bis dahin auf den Gebieten Entwicklungsphysiologie und Histochemie der Fische wissenschaftlich tätig war, vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen angehalten, seine Tätigkeit vorrangig auf meeresbiologische Forschungen auszurichten, und er wurde mit der Leitung der Abteilung Meeresbiologie und Spezielle Zoologie beauftragt. Diese Neuausrichtung seiner Forschungstätigkeit, die er mit seinem ihm eigenen Enthusiasmus in Angriff nahm,  sollte wenige Jahre später - den Bestrebungen der Umstrukturierung der gesamten Hochschullandschaft in der DDR durch die Dritte Hochschulreform zum Trotz - das Verbleiben der Ausbildung von Biologen an der Universität Rostock sichern. Von 1968 bis 1992 war Herr Arndt als ordentlicher Professor für Meeresbiologie  tätig und übernahm – schon im Ruhestand – die Vertretung der Professur für die Allgemeine und Spezielle Zoologie und Meeresbiologie bis 1995.

In der akademischen Selbstverwaltung war Professor Arndt als Direktor der Sektion Biologie (1977–1981) und als Senator des Akademischen Senats der Universität Rostock (1993–1995) tätig, hatte die Funktion des Gründungspräsidenten der Ostseemeeresbiologen (Baltic Marine Biologists) von 1968–1975 inne und war von 1981–1985 erneut Präsident der BMB.

Unmittelbar nach der Wende engagierte sich Professor Arndt im Verband Ehemaliger Rostocker Studenten (VERS). Er war langjährig Mitglied des Vorstandes und Leiter der Sektion Rostock. Als Mitglied im Beirat der Stiftung Deutsches Meeresmuseums von 1994 bis 2006 und Leiter desselben von 1994–2002, hat er für eines der wichtigsten Museen Deutschlands viele Jahre eine bis heute hoch geschätzte  Arbeit geleistet.

Für alle Biologiestudenten, die seine Lehrveranstaltungen besuchten, werden seine temporeichen Vorlesungen unvergessen bleiben, in denen er mit verschiedenen Kreidefarben die Organsysteme der Würmer, Weichtiere, Krebstiere und Insekten an die Tafel zeichnete und kaum jemand die Chance hatte, auch nur annähernd mit dem Schreiben hinterher zu kommen. Wir erinnern uns an manche verzweifelte Prüfungsvorbereitungen, wo wir feststellen mussten, das die eine oder andere Tiergruppe gar nicht behandelt wurde, weil E.A. – wie er von Kollegen und Studenten mit Respekt genannt wurde – einfach so unendlich viel Faszinierendes schon über Einzeller und Nesseltiere zu erzählen wusste, die am Anfang der Vorlesung behandelt wurden, sodass für andere Tiergruppen später die Zeit dann einfach fehlte.

Viele naturverbundene Menschen werden Herrn Arndt auch als Autor populärwissenschaftlicher Bücher kennen. Über diese ließ er Nicht-Biologen teilhaben an seiner Leidenschaft für die Lebensgemeinschaften zwischen Düne und Meeresgrund sowie für die Tiere der Ostsee.   

Herr Arndt hat immer beklagt, dass es in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit an der Universität nicht mehr gestattet war, als Meeresbiologe die Weltmeere zu erforschen. So musste er sich auf die Ostsee konzentrieren, um mit Hilfe von Wathosen vor allem Gemeinschaften und Tiere der ufernahen Gebiete zu erforschen. Er selbst bezeichnete es als ‚Watstiefel-Forschung‘. Wir denken heute oft daran, wenn wir mangels knapper finanzieller Ressourcen auf eben diese Methode zurückgreifen müssen und dabei dennoch interessante Phänomene und neue Tierarten entdecken. Oft hat er uns geraten, lebende Tiere aufmerksam unter dem Mikroskop zu beobachten, weil man ihre Biologie nur so richtig begreifen könne. Auch da hatte er Recht, und wir geben diese Anregung jetzt an neue Studentengenerationen weiter.

Professor Arndt war jedoch nicht nur ein begeisterter Meeresbiologe und Hochschullehrer. Sport war ihm nicht nur ein Bedürfnis, sondern auch eine große Leidenschaft. Er spielte jahrelang Feldhockey und gewann 1952 mit der BSG Einheit Rostock die DDR-Meisterschaft. Er spielte darüber hinaus  leidenschaftlich Volleyball und Tischtennis (und ließ als ‚Alter Herr‘ manch jungen Biologen alt aussehen).

Die Biologen der Universität Rostock und seine ehemaligen Studenten der Zoologie und Meeresbiologie werden ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren.

Andreas Bick, Sabine Fulda

Quellen

[1] Eintrag zu Ernst-Albert Arndt im Catalogus Professorum Rostochiensium, URL: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00001200.
[2] E.-A. Arndt: 50 Jahre Biologie an der Universität Rostock (1945-1995) - Anpassen und Überleben während und nach der 3. Hochschulreform. Verband ehemaliger Rostocker Studenten (VERS) Dannenberg, 2003
[3] E.-A. Arndt: Zeitzeugenbericht am 24. November 2006. In: Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte Band 1, Die Universität Rostock zwischen Sozialismus und Hochschulerneuerung. Zeitzeugen berichten. Teil 1;  Universitätsdruckerei Rostock, 2007, S. 140-161.
[4] G. Schlungbaum, U. Schiewer:  Prof. Dr. rer. nat. habil. Ernst Albert Arndt zum 70. Geburtstag. In: Rostocker Meeresbiologische Beiträge, Heft 5, 1997, S. 5-8.