KALENDERBLATT MÄRZ 2014

Maria-Viktoria Hasse (1921-2014)

Eintrag von Maria-Victoria Hasse im Matrikelbuch.
Am Strand bei Kühlungsborn, etwa 1952, v. l. n. r. oben: Schubring, Heinrich, Hasse, Irmgard Bütow geb. Sturmat, Rogmann, Heide; unten: Joachim-Friedrich von Klitzing, Heinz-Ludwig Burmeister, Lothar Berg, Rudolf Kochendörffer (Foto: L. Berg, privat).

Im Januar 2014 verstarb die Mathematikerin Maria-Viktoria Hasse. An ihre Rostocker Zeit soll in diesem Beitrag erinnert werden.

Maria Hasse wurde 1921 in Warnemünde geboren, legte 1939 an der Oberschule für Mädchen (heutiges Innerstädtisches Gymnasium) ihr Abitur ab und schrieb sich zum ersten Trimester 1940 an der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock für ein Studium der Mathematik, Chemie und  Physik ein. Im Matrikelbuch wird sie unter der Hochschulnummer 3886 geführt. Sie hörte Vorlesungen zur Analysis bei Friedrich Lösch (1903-1982),  wechselte aber bald nach Tübingen, wo Konrad Knopp (1882-1957) – der Doktorvater von Lösch - Analysis und Funktionentheorie lehrte. Als diplomierte Mathematikerin wurde Maria Hasse ab 1943 Assistentin (m. d. W. b.) am Institut für angewandte Mathematik der Universität Rostock. Dort leitete sie zwischen 1943 und 1945 das Rechenbüro, in welchem sechs Abiturientinnen mit mechanischen Instrumenten (Rechenmaschinen, harmonischer Analysator) und graphischen Methoden im Auftrag der Ernst-Heinkel-Flugzeugwerke Aufgaben der Flugwissenschaft (Lineare Gleichungen, Gewöhnliche Differentialgleichungen) lösten.

Nach Kriegsende führte Maria Hasse in Abwesenheit der beiden Lehrstuhlinhaber für Mathematik (Robert Furch (1894-1967) und Lösch) deren Geschäfte und erwarb sich insbesondere bei der Rückführung der ausgelagerten Bibliotheksbestände Verdienste. 1948 legte Maria Hasse ihr Staatsexamen in Mathematik und Physik ab. Sie promovierte 1949 bei Hans Schubert (1908-1987) zum Thema Über eine singuläre Integralgleichung 1. Art mit logarithmischer Unstetigkeit. Damit war sie in Rostock die bisher zweite Promovendin der Mathematik.  Mit ihrer Ernennung zur Oberassistentin übernahm sie Lehrverpflichtungen und las Funktionentheorie I für Mathematiker sowie die Höhere Mathematik für Schiffbauer. 

Maria Hasse habilitierte 1954 Über eine Hillsche Differentialgleichung bei Ludwig Holzer (1891-1968) und Rudolf Kochendörffer (1911-1980). Sie war damit deutschlandweit die siebente Habilitandin in der Mathematik und die erste nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Ernennung zur Dozentin für Mathematik erfolgte 1954. Noch im gleichen Jahr erhielt sie einen Ruf an die Technische Universität Dresden zunächst als Professorin für  Mathematik und Geometrie (Nachfolgerin von Ott-Heinrich Keller (1906-1990)) und ab 1964 bis zu ihrer Emeritierung 1981 als Professorin für Algebra.

Andreas Straßburg

Quellen

[1]  W. Engel: Mathematik und Mathematiker an der Universität Rostock 1419 – 2004, Rostocker Mathematisches Kolloquium 60, Rostock, 2004.
[2] R. Pöschel, W. Voss: Mit 33 Jahren Professorin für Mathematik an der TH Dresden. Zum 80. Geburtstag von Prof. Maria-Viktoria Hasse am 30. Mai 2001.- UJ/12/10/10 (2001).
[3] R. Tobies, U. Görgen: Mathematische Dissertationen an deutschen Hochschuleinrichtungen, WS 1907/08 bis WS 1944/45. Jahresber. Dtsch. Math.-Ver. 103, No.4, 115-148 (2001).
[4] C. Bessenrodt :Habilitationen und B-Promotionen in Mathematik von Frauen in Deutschland. https://dmv.mathematik.de/index.php/aktuell-presse/stellungnahmen/der-dmv/177-archiv/1706-2000-habilitationen-von-frauen-seit-1919
[5] Eintrag zu Maria-Viktoria Hasse im Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00002355.