KALENDERBLATT SEPTEMBER 2014

Die Technische Chemie am Institut für Chemie der Universität Rostock (1990 bis 2014)

Das Praktikum in Technischer Chemie im Jahre 1999 (Foto: W. Ruth).
Das Praktikum in Technischer Chemie im Jahre 1999 (Foto: W. Ruth).
Das Praktikum in Technischer Chemie im Jahre 2014 (Foto: W. Ruth).
Das Praktikum in Technischer Chemie im Jahre 2014 (Foto: W. Ruth).

Die Technische Chemie hat in Rostock eine lange Tradition.  Nach der Umstrukturierung der Rostocker Universität Anfang der 1990er Jahre schlossen sich die Arbeitsgruppen Analytische Chemie, Technische Chemie und Umweltchemie zur Abteilung für Analytische, Technische und Umweltchemie (ATU) zusammen. Allerdings schien es ziemlich fraglich, ob die Technische Chemie auch tatsächlich eine Zukunft in Rostock haben würde. Nachdem Eberhard Fischer, bis 1990 Inhaber des Lehrstuhls für Technische Chemie, mit Beginn der Umstrukturierungen in den Ruhestand gegangen war, bestand die Arbeitsgruppe nur noch aus Dr. Wolfgang Ruth als Wissenschaftler, Christel Freitag als Laborantin und zwei Doktoranden.  Wichtigste Prämisse war daher zunächst, die Lehre mit Vorlesungen und Praktika sicher zu stellen.  Gerade dieses stellte eine enorme Herausforderung dar. Nach der Auflösung der Pädagogischen Hochschule in Güstrow wurden die dortigen Studierenden in die Struktur der Universität eingegliedert. Damit mussten in kürzester Zeit fast 100 Lehrerstudenten das Praktikum Technische Chemie durchlaufen und die Pflichtexkursionen absolvieren. Bis 1993 sicherte Wolfgang Ruth die Vorlesungen der Technischen Chemie für die Studiengänge Chemie Diplom und Chemie Lehramt allein ab. Ab 1993 übernahm der Honorarprofessor Vollrath Hopp, heute Ehrenmitglied der Universität, die Vorlesungen für den Diplomstudiengang, die Ausbildung der Lehramtsstudenten blieb bei Wolfgang Ruth. Allerdings ging auch die Zahl der Studierenden stetig zurück. Den Tiefpunkt erreichte diese Entwicklung im Jahre 1997, lediglich vier Studenten des Studiengangs Chemie-Diplom und eine Lehramtsstudentin besuchten das Praktikum Technische Chemie.
In der Forschung orientierte sich die Technische Chemie auf den Bereich der Umweltchemie. So wurden z. B. Pflanzenschutzmittel, Phenole, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe oder Huminstoffe bezüglich ihres Verhaltens in der Umwelt untersucht. Diese Arbeiten hatten einen starken regionalen Bezug.  Die nahezu nicht vorhandene Finanzausstattung  verhinderte praktisch auch das Bearbeiten größer angelegter Forschungsvorhaben. Trotzdem gelang es bereits 1994, das erste Großgerät, einen Gaschromatographen mit Massenspektrometer, zu beschaffen.
Der Wille des damaligen Fachbereiches Chemie, die Technische Chemie in Rostock zu erhalten, dokumentierte sich in der Ausschreibung der Stelle zur Neubesetzung der Professur für Technische Chemie. Das war kein leichtes Unterfangen, war doch die räumliche und bauliche Situation für die Technische Chemie für einen zu berufenden Professor alles andere als einladend. Trotzdem nahm Prof. Dr. Udo Kragl 1998 den Ruf nach Rostock an. Immerhin hatten die Bauarbeiten an einem neuen Institutsgebäude bereits begonnen. Der Start der neuen Technischen Chemie begann allerdings in notdürftig hergerichteten Räumen und Laboren im weit über einhundert Jahre alten Gebäude in der Buchbinderstraße  9.
Mit Udo Kragl kamen ganz neue Forschungsgebiete nach Rostock. Ionische Flüssigkeiten, die Biotechnologie mit verschiedenen Enzymsystemen, Membrantrennverfahren, aber auch analytische Fragestellungen zu Pflanzeninhaltsstoffen waren von nun an Themen, mit denen sich eine ständig steigende Zahl von Diplomanden und Doktoranden beschäftigt.  2014 arbeiten zwanzig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie drei Laborantinen in der Arbeitsgruppe von Udo Kragl. Seit 1998 wurden mehr als fünf Millionen Euro als Drittmittel für die Forschung eingeworben. 85 Publikationen sind bislang erschienen.
Das Lehrangebot der Technischen Chemie umfasst heute die Komplexe Technische Chemie - Grundoperationen und Reaktionstechnik, Biokatalyse, Membranverfahren, Chemische Umwelttechnologie und die Nahrungsmitteltechnologie. Das Praktikum absolvieren im Jahre 2014 wieder mehr als 70 Studierende.  Eine hervorragende technische Ausstattung wird es auch weiterhin möglich machen, attraktive Forschungsprojekte einzuwerben.

Wolfgang Ruth