KALENDERBLATT DEZEMBER 2016

Die Zoologische Sammlung – Rückgrat der Zoologie-Ausbildung an der Rostocker Universität

Naturalienkabinette, von Privatpersonen im 17. und 18. Jahrhundert zusammengetragen und unterhalten, überstiegen schnell die Möglichkeiten der Sammler. Sie wurden abgegeben und bildeten die Basis für heute existierende Museen und Universitätssammlungen.

Das Naturalienkabinett des Großherzoges Friedrich Franz I. gelangte auf diese Weise an die Rostocker Universität, verbunden mit einem „Bildungsauftrag für alle Zeiten“ und der nachfolgenden Berufung des ersten Professors für Naturgeschichte, Botanik und Chemie Heinrich Friedrich Link (1767-1851)[1]. In den ersten Jahren nach der Gründung 1775 gab es noch keine Trennung zwischen Ausstellung, akademischer Lehre und wissenschaftlicher Bearbeitung. Mit Zunahme der Anzahl der Objekte durch Sammeltätigkeit und Zuerwerb wurde eine Aufteilung unausweichlich. Link forderte eine für die Lehre geeignete Anordnung und Aufstellung der Naturaliensammlung [2], die erst durch Johann Karl Friedrich Strempel (1800-1872) realisiert wurde. Er trennte die im Weißen Kolleg untergebrachten Naturalien von anderen Sammlungen und ordnete sie neu. August Christian Roeper (1801-1885) demonstrierte zoologische Objekte in seiner Lehre. Er war von ihrer Bedeutung für die Verbesserung der Vorstellungskraft der Studenten überzeugt.

Die Vergrößerung der Sammlungen nährte die Überzeugung des großen Nutzens eines naturwissenschaftlichen Museums an der Universität. Im Jahre 1844 erfolgte der Umzug in das eigens dafür gebaute Gebäude, in das Neue Museum (heute linker Teil des Universitätshauptgebäudes). Die Sammlungen waren nun mit den Hörsälen verbunden, ihre Objekte für die Nutzung in Vorlesungen direkt verfügbar. Die Schränke waren so gearbeitet‚ „dass selbst kleine Gegenstände ohne Nachtheil für das deutliche Sehen“ darin untergebracht werden konnten [2]. Die Situation für die Zoologische Sammlung verbesserte sich durch den Umzug in das benachbarte Oberappellationsgericht im Jahre 1880, in der das Zoologische Institut mit der Sammlung noch heute untergebracht ist.  Alexander Goette (1840-1922), ab 1882 Direktor des Zoologischen Institutes, überarbeitete die Sammlung für Lehrzwecke und betonte besondere Objekte. Er wollte dadurch die „mangelhafte Vorbildung der Studierenden, denen die Fähigkeit eines anschaulichen Erfassens von körperlichen Gegenständen völlig verloren gegangen ist, nach Möglichkeit beseitigen“ [3]. Durch Herstellung und Kauf von Präparaten, Wachsmodellen, Anschauungstafeln und mikroskopischen Präparaten schuf er die Basis für eine moderne Lehrmittelsammlung.

Modellreihe von Wirbeltiergehirnen aus der Lehrsammlung (Foto: D. Ludwig).

Mehr als 200 Jahre war die Sammlung Rückgrat der Ausbildung in Zoologie und Anatomie. Nach einer kurzen Phase des Niederganges zum Ende des 20. Jahrhunderts, im Zusammenhang mit der Entstehung neuer Forschungsrichtungen und entsprechender Raumbedürfnisse sowie mangelnder Wertschätzung der historischen Präparate, erlebt die Sammlung gegenwärtig eine Renaissance und Neuausrichtung. Sie bildet die Grundlage für Lehrinhalte, mit denen Studenten auf künftige Tätigkeiten an naturkundlichen Museen vorbereitet werden: Planung und Umsetzung von Ausstellungen sowie Sammlungsmanagement. So sind in den vergangenen Jahren vier Sonderausstellungen entstanden, die von den Studierenden konzipiert und gestaltet und von den Besuchern durchweg positiv bewertet wurden.

Andreas Bick

Quellen

[1] R. Kinzelbach: Die Geschichte der Zoologie in Rostock. In: Traditio et Innovatio, Universität Rostock, 15 (2010), S. 43-46.
[2] H. Karsten: Zur Geschichte der naturwissenschaftlichen Institute der Universität Rostock, Johann Jacob Adler Erben, Rostock, 1846, S. 3-9.
[3] M. Braun: Zoologie, vergleichende Anatomie und die entsprechenden Sammlungen bei den Universitäten Bützow und Rostock seit 1775, Universitäts-Buchdruckerei, Rostock, 1891, S. 3-53.