KALENDERBLATT APRIL 2017

Insel Langenwerder - 1945 bis 1997 Außenstation der Biologen unserer Universität

Durch eine Reihe von Zufällen kam das seit vielen Jahrzehnten als Möweninsel bekannte, nur etwa 20 ha große Eiland, nördlich von Poel in der Wismar-Bucht gelegen und seit über 100 Jahren unter Naturschutz stehend, in den Verantwortungsbereich der Universität Rostock. Auslöser war die begeisterte Ornithologin Karoline Krüger, die Anfang 1945 als Kriegsflüchtling aus Ostpreußen nach Mecklenburg gekommen war und sich unbedingt um den Schutz der auf dem Langenwerder brütenden Vögel kümmern wollte.
Auf Veranlassung der damaligen Verwaltung in Schwerin wurde die Philosophische Fakultät der Universität Rostock damit beauftragt und K. Krüger als Vogelwärterin eingestellt. Leider konnte sie dieses Amt nur eine Saison ausüben, weil sie im August 1946 ermordet wurde.
In der Folgezeit waren es vor allem Rentner, die für ein geringes Entgelt die Funktion als Vogelwärter ausübten. Das änderte sich erst, als es Anfang der 1960er Jahre gelang, diese Stelle durch die Festanstellung eines ausgebildeten Diplom-Biologen aufzuwerten und damit nicht nur die Qualität der
ornithologischen Betreuungsarbeit grundlegend zu verbessern, sondern im Zusammenhang mit der Konzentration von Forschung und Lehre auf die sogenannten „marinen Eiweißträger“ den Langenwerder mit den umgebenden Gewässern in zunehmendem Maße als Freilandlabor zu nutzen.

Blick vom Gollwitzer Strand auf die Insel Langenwerder (Foto: G. Fulda, 2010).
Blick vom Gollwitzer Strand auf die Insel Langenwerder (Foto: G. Fulda, 2010).

Um dafür die Voraussetzungen zu schaffen, wurde an das bereits bestehende Vogelwärterhäuschen unter oft abenteuerlichen Umständen in fast ausschließlich freiwilligen Einsätzen von Studenten und Mitarbeitern der Rostocker Biologie ein Anbau errichtet, der als Labor eingerichtet wurde.

Die Palette der bearbeiteten Themen war zunächst recht breit gefächert und reichte von verhaltensbiologischen und physiologischen Untersuchungen an den Brutvögeln bis zur Nahrung von jungen Plattfischen und entwicklungsphysiologischen Fragen an Kleinkrebsen. Das Hauptaugenmerk war aber auf die Erkundung der Ökologie der umgebenden Flachgewässer mit ihren vielfältigen Lebensräumen gerichtet.

Die bearbeiteten Komplexe dienten in der Regel der Anfertigung von Examensabschlussarbeiten für das Diplom oder Lehramt und umfangreichere Untersuchungen führten nicht selten zur Promotion. Für die Ausbildung der zukünftigen Biologen und Biologielehrer war der Langenwerder in zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen konnten die Studenten während eintägiger Exkursionen, die zum festen Bestandteil des Ausbildungsprogramms gehörten, das Leben auf einer Vogelinsel näher kennen lernen und vor allem mit aktuellen Problemen des Natur- und Umweltschutzes konfrontiert werden. Zum anderen dienten die Aufenthalte besonders für die Biologie-Studenten der qualifizierten Materialsammlung für meeresbiologische Praktika.

Studentenexkursion Anfang der 1980er Jahre: Überfahrt von Gollwitz/Insel Poel zum Langenwerder (Foto: T. Hübener).
Studentenexkursion Anfang der 1980er Jahre: Überfahrt von Gollwitz/Insel Poel zum Langenwerder (Foto: T. Hübener).

Nach der politischen Wende 1989 nahm das Interesse an Außenstationen in den biologischen Einrichtungen der Universität Rostock ab und so wurde schließlich 1997 die Verantwortung für den Langenwerder vom Kultusministerium des Landes M-V dem Landwirtschafts- und Umweltministerium
übertragen. Die konkrete Betreuung liegt seitdem in den Händen des „Vereins Langenwerder zum Schutz der Wat- und Wasservögel e.V.“

Ulrich Brenning