KALENDERBLATT NOVEMBER 2013

Otto Haupt – Intermezzo in Rostock

Otto Haupt (Foto: [1]).

Im 500. Jahr der Rostocker Universität gelang es, ein zweites Ordinariat für Mathematik  (Schwerpunkt Analysis/Funktionalanalysis) einzurichten. Der Ruf ging an den  32-jährigen Otto Haupt, der bereits 1910 in seiner  Heimatstadt Würzburg unter Emil Hilb (1882-1929) auf dem Gebiet der gewöhnlichen Differentialgleichungen zweiter Ordnung (Untersuchungen über Oszillationstheoreme) promoviert hatte. Anschließend studierte er bei Arnold Sommerfeld (1868-1951) in München,  bei  Erhard Schmidt (1876-1959), Constantin Carathéodory (1873-1950), Ernst Steinitz (1871-1928), Adolf Kneser (1862-1930) in Breslau und habilitierte 1913 unter Fortführung seiner Doktorarbeit in Karlsruhe. Kurz nach Rückkehr aus dem ersten Weltkrieg erhielt er seinen ersten Ruf.

Dem Rostocker Ordinarius für Mathematik, Otto Staude, stand damit ein Mathematiker mit moderner wissenschaftlicher Ausrichtung und exzellenten wissenschaftlichen Kontakten zur Seite, was auch dem Aufbau des Mathematischen Seminars dienen sollte. Dieses ging wie das entsprechende Seminar am Physikalischen Institut  im Wintersemester 1920/21 aus dem ehemals gemeinsamen mathematisch-physikalischen Seminar hervor.

Haupt trat seinen Dienst in Rostock Anfang 1920 an. Bereits im Zwischensemester 2.2.-31.3.1920 (besonders für Kriegsteilnehmer) bot er 4 SWS  Elemente der Funktionentheorie an,  im folgenden Sommersemester 4 SWS Differential- und Integralrechnung, dazu  2 SWS Übungen sowie  2 SWS Partielle Differentialgleichungen.  Die Arbeitsbedingungen erwiesen sich als äußerst ungünstig. Neben zu kleinen Arbeitsräumen im Seminargebäude hinter dem Universitätshauptgebäude und schlechten Tafeln in den Hörsälen klagte Haupt rückblickend über wenig Zeit für seine wissenschaftliche Arbeit. So wundert es nicht, dass er schon vor Ablauf eines Jahres Rostock verließ, nachdem ihn aus Erlangen ein Ruf auf den renommierten Staudt-Lehrstuhl (Karl Georg Christian von Staudt 1798-1867) als Nachfolger von Ernst Sigismund Fischer (1875-1954) erreichte. Haupt folgte auf diesem Lehrstuhl u. a. Felix Klein (1849-1925), Paul Gordan (1837-1912) und Erhard Schmidt nach.

(Foto: [2]).

Angeregt durch Gespräche mit Emmy Noether (1882-1935) widmete er sich dort der „modernen“ abstrakten Algebra und Analysis. Er behielt seinen Lehrstuhl bis zu seiner Emeritierung 1953, seine letzten Arbeiten erschienen in den 1980er-Jahren. Haupt starb 1988 im 102. Lebensjahr. Mit seinem Vermögen begründete er die Otto- und Edith-Haupt-Stiftung. Aus den Zinsen des Stiftungsvermögens wird seit 1991 der Staudt-Preis verliehen, den u. a. der einzige deutsche Träger der Fields-Medaille, Gerd Faltings (geb. 1954), 2008 erhielt.

Andreas Straßburg

Quellen

[1] Eintrag zu Otto Haupt im Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00001313
[2] M. Barner, F. Flohr: Otto Haupt zum 100. Geburtstag. In: Jber. D. Dt. Math. Verein. 89 (1987) S. 61-80.
[3] H. Bauer: Otto Haupt. In: Jber. D. Dt. Math. Verein.92 (1990) S. 169-181.
[4] W. Engel: Mathematik und Mathematiker an der Universität Rostock 1419 – 2004. In: Rostock. Math. Kolloq. 60 (2005).
[5] P. Roquette: In memoriam Ernst Steinitz (1871–1928). Journal für die reine und angewandte Mathematik (Crelles Journal). Band 2010, Heft 648, Seiten 1-11.
[6] R. Fritsch: Karl Georg Christian von Staudt – Mathematische und biographische Notizen. Festschrift Universität Erlangen-Nürnberg 1998, http://www.mathematik.uni-muenchen.de/~fritsch/Staudt.pdf.
[7] de.wikipedia.org/wiki/Otto_Haupt_(Mathematiker).