Preisträgerin des Instituts für Biowissenschaften

Julia Kollwitz

Thema der Masterarbeit

Complex timing behavior in harbor seals

Betreuer: Frau Prof. Frederike Hanke und Herr Dr. Kenneth Sørensen

Viele Tiere sind dazu in der Lage, ein wiederkehrendes Ereignis mit dem Ort und der Zeit seines Auftretens zu verknüpfen. Diese Fähigkeit bezeichnet man als Zeit-Orts-Lernen. Sie ermöglicht es, basierend auf zeitlicher Information vorherzusagen, an welchem Ort ein bestimmtes Ereignis auftreten sollte, d.h. wo eine Nahrungsquelle verfügbar sein oder ein Sexualpartner oder Prädator sich aufhalten müsste.
Da Seehunde (Phoca vitulina) in einer stark von den Gezeiten geprägten Umwelt leben, würden sie erheblich von Zeit-Orts-Lernen profitieren. Beispielsweise stehen viele ihrer Ruheplätze nur bei Ebbe zur Verfügung und die Bewegungen wandernder Fische folgen z.T. ebenfalls dem Gezeitenrhythmus, sodass zu bestimmten Zeiten eine hohe Abundanz von Beuteorganismen an bestimmten Orten antizipiert werden könnte.
In dieser Masterarbeit sollte ein Experiment entwickelt werden, um die Fähigkeit der Seehunde zum Zeit-Orts-Lernen zu erforschen und damit zusätzlich eine Möglichkeit zu eröffnen, ihr Zeitgefühl im Bereich von Stunden und Tagen zu untersuchen, da bisherige Studien ein akkurates Zeitgefühl dieser Tiere bei der Abschätzung von Zeitintervallen im Sekundenbereich gezeigt haben.
Im Rahmen des Experiments wurde ein männlicher Seehund auf eine Zeit-Orts-Assoziation im Tagesrhythmus trainiert. Dabei musste er innerhalb einer ersten 3-minütigen Sitzung am Vormittag jedes Versuchstages an einem bestimmten Ort innerhalb seines Geheges stationieren, um eine Belohnung zu erhalten, in einer zweiten 3-minütigen Sitzung am Nachmittag allerdings an einem anderen Ort.
Im Laufe der Zeit entwickelte der Seehund eine Strategie, bei der er in beiden täglichen Sitzungen zu Beginn am gleichen Ort stationierte. Wurde diese Stationierung belohnt (am richtigen Ort), verblieb er am Ort. Blieb eine Belohnung aus (am falschen Ort), wechselte er zum richtigen Ort (win-stay/lose-shift strategy). Auswertungen seines Verhaltens im Tagesverlauf zeigten jedoch, dass er zwar nicht gelernt hatte, den richtigen Ort mit der richtigen Zeit zu verknüpfen, aber durchaus eine Assoziation zwischen den beiden Versuchszeiten und dem Belohnen einer Stationierung an den beiden Versuchsorten gebildet hatte.