KALENDERBLATT AUGUST/SEPTEMBER 2012
Maximilian Braun
Maximilian Braun wurde 1850 in Myslowitz (Mysłowice) in der damaligen preußischen Provinz Schlesien als ältester Sohn des sehr an der Natur interessierten Hütteninspektors Gustav Braun geboren. Er besuchte die Bürgerschule seines Heimatorts, dann die evangelische Schule in Beuthen (Bytom) und absolvierte 1870 das „Gymnasium Regium“ in Brieg (Brzeg) an der Oder. Er war Kriegsteilnehmer 1871. Anschließend studierte er in Greifswald und Würzburg Medizin und Zoologie. Promotion 1874 zum Dr. med. in Würzburg, über die Häutung des Flusskrebses. Am Zoologischen Institut in Würzburg wurde er 1877 als Assistent zum Dr. phil. über die Eidechsen der Balearen promoviert. Habilitation 1878 und Privatdozent für Zoologie. Im Jahr 1880 wurde er Prosektor am Vergleichend-Anatomischen Institut und, nach dem Tod von Franz Flor (1809-1883), zunächst a. o. Professor, dann 1884 Professor für Zoologie an der Russischen Kaiserlichen Universität Dorpat (Tartu in Estland). Dort erlangte er sein Interesse an den Wassertieren des Baltischen Raumes und schrieb schon 1883 das Handbuch Die tierischen Parasiten des Menschen, einen „Bestseller“, der vielfach aufgelegt und erweitert wurde.
Im Jahr 1886 wurde er Ordinarius für Zoologie und Vergleichende Anatomie in Rostock. Dort modernisierte er das Lehrangebot. Ihm ist weiterhin zu verdanken, dass das beim Einzug 1880 viel zu dürftig eingerichtete Institutsgebäude 1888 einen wesentlichen Umbau erfuhr und den Ansprüchen moderner Forschung entsprechend ausgestattet wurde. Er erkannte den Wert der Zoologischen Sammlung der Universität Rostock (ZSRO), betrieb ihre Verbesserung und fertigte einen Katalog an. Er schrieb die grundlegende Geschichte des Instituts und der Zoologischen Sammlung (1891). Dort und in einer weiteren Arbeit (1907) befasste er sich mit dem Pfeilstorch und mit Fragen des Vogelzuges bzw. mit dem alten Thema (vgl. Linné, Ekmarck, Voigt, Flörke) der Überwinterung der Schwalben. Von Königsberg aus gründete er die Vogelwarte Rossitten, Arbeitsstätte seines Schülers J. Thienemann.
In Rostock hatte er sieben Doktoranden. Seine Forschungen galten hier besonders den Mollusken und dem Kapitel der parasitischen Plattwürmer in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs, aber auch der Entwicklungsbiologie und vielen angewandt-zoologischen Themen. Z. B. wurde 1989 im Rostocker Hof der Fischereiverein Rostock gegründet. Den Vorsitz hielten Friedrich Petersen und (stellvertretend) Univ-Prof. M. Braun. Braun klärte den Zyklus des gefährlichen Fischbandwurms auf, der damals an der Ostseeküste zahlreiche Menschen befiel; später in Königsberg wandte er sich u. a. der Biologie des Katze und Mensch befallenden Saugwurms Opisthorchis felineus zu.
Im Frühjahr 1891 ging er an die Universität Königsberg (Kaliningrad), wo er bis 1922 als Ordinarius für Zoologie und vergleichende Anatomie und Direktor des dortigen Zoologischen Museums wirkte. Forschungsreisen führten ihn nach Spanien (1876 Menorca), Algerien und an die Adriaküste des Balkans, zur Walforschung nach Island und zu den Färöern. Belegstücke sind in der ZSRO erhalten. Er war Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Zeitschriften, insbesondere Gründer und Herausgeber der Zeitschrift für die Geschichte der Zoologie. Er hat etwa 231 wissenschaftliche Originalbeiträge veröffentlicht. Er war Mitgründer des Königsberger Tiergartens, hielt viele populärwissenschaftliche Vorträge und wurde als Vertreter der Universität ins Preußische Herrenhaus entsandt. Als Träger vieler Auszeichnungen verstarb er 1930 in Königsberg. In Rostock erinnert eine Kupfertafel am Eingang des Institutsgebäudes am Universitätsplatz 2 an diesen sehr vielseitigen und aktiven Gelehrten.
Ragnar Kinzelbach
Quellen
[1] Eintrag zu Maximilian Braun im Catalogus Professorum Rostochiensium: purl.uni-rostock.de/cpr/00002499
[2] R. Kinzelbach: Maximilian Braun (1850 –1930) – Parasitologie, Organismik, Geschichte der Zoologie – Doppeljubiläum 2010: *160 Jahre, † 80 Jahre; Biologie und Gesellschaft, Beiträge zur 19. Jahrestagung der DGGTB. In: Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie, Band 17, Berlin, 2012.