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Der Zoologe Karl von Frisch und die Sprache der Bienen

Karl Ritter von Frisch ist einer der beiden Zoologie-Professoren, die an der Universität Rostock geforscht haben und mit dem Nobelpreis geehrt wurden.

1886 in Wien geboren, studierte er zuerst Medizin in Wien und München, entschied sich aber dann für die Biologie. Von 1912 bis 1921 arbeitete er als Assistent und Privatdozent für Zoologie an der Universität München über Fragen der Orientierung und Futterfindung der Bienen, die er im alten Zoologischen Institut in der Münchener Innenstadt hielt. Diese Arbeit unterbrach er im Krieg 1914-1918, um in der von seinem Bruder geleiteten chirurgischen Klinik in Wien Kriegsverletzte zu operieren und zu pflegen.

1921 erhielt er seinen ersten Ruf auf die Professur in Rostock, wo er bis 1923 Direktor des Zoologischen Instituts war. Danach war er – mit kurzen Unterbrechungen als Direktor der Zoologischen Institute in Breslau und Graz – bis 1956 am Zoologischen Institut in München tätig, wo er 1982 verstarb.

In seiner Biographie schrieb er: "Es wurde wirklich sehr schön. Nachdem ich 37 Jahre Ordinarius und Direktor von vier verschiedenen Universitätsinstituten gewesen bin, muss ich sagen, dass der heitere Glanz unserer kurzen Rostocker Zeit nie mehr überstrahlt worden ist."

In Rostock führte er die Arbeiten zum Farbensinn der Bienen weiter, widmete sich aber auch anderen Themen, wie dem Gehör der Fische, welches er am Zwergwels im Aquarium und an Elritzen in seinem Urlaubsort in Österreich untersuchte. So wies er nach, dass Fische hören können, was weithin bezweifelt worden war. Er veröffentlichte 1923 die Ergebnisse unter dem für eine wissenschaftliche Publikation etwas schelmischen Titel "Ein Zwergwels, der kommt, wenn man ihm pfeift" (Biol. Zentralblatt 43, 439-446). Daneben fiel in die Rostocker Zeit die erste große zusammenfassende Veröffentlichung seiner Arbeiten über die „Sprache“ der Bienen. Durch seine lebenslange Beschäftigung mit den verschiedenen Sinnesorganen der Bienen und der Fragen, wie sie diese zur Orientierung, Futterfindung und Heimkehr zum Stock einsetzen, aber auch wie sie die guten Futterplätze den anderen Arbeiterinnen im Stock mitteilen, wurde von Frisch weltberühmt. So konnte er zeigen, dass Bienen durch die Geschwindigkeit bei dem Rundtanz – zusammen mit mitgebrachten Duftstoffen – auf Futterquellen in der Nähe des Stockes aufmerksam machen. Bei entfernten Quellen (bis über einen Kilometer) wird deren Lage zur Sonne durch den Winkel der Tanzrichtung von der Senkrechten und die Entfernung durch die Intensität des Schwänzeltanzes übermittelt.  

Der „Bienen-Frisch", wie Karl von Frisch oft genannt wurde, zählt durch seine unzähligen und genau geplanten Freilandversuche, in denen er die Leistungen aller Sinnesorgane der Bienen und auch anderer Tiere auslotete, zu den Begründern der Verhaltensphysiologie. Er erhielt dafür 1973 zusammen mit Nikolaas Tinbergen (1907-1988) und Konrad Lorenz (1903-1989) den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin in Anerkennung "ihrer Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern“.

In dem 2002 neu errichteten Hörsaalgebäude des Institutes für Biowissenschaften im Südstadt-Campus trägt ein Hörsaal in Erinnerung an das Wirken Karl von Frischs in Rostock seinen Namen.

Dieter G. Weiss

Karl von Frisch (ca. 1920), Sinnes- und Verhaltensphysiologe (Foto: vlp.mpiwg-berlin.mpg.de).
K. von Frisch: Über die "Sprache" der Bienen. Eine tierpsychologische Untersuchung. In: Zoologische Jahrbücher (Physiologie) Band 40, 1923 (Foto H.-P. Haack).

Quellen

[1] Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00003420.
[2] K. von Frisch: Erinnerungen eines Biologen. Springer Verlag, Berlin, 1973.
[3] U. Kreutzer: Karl von Frisch 1886-1982 - eine Biografie. August Dreesbach Verlag München, 2010.
[4] K. von Frisch: Über die "Sprache" der Bienen. Eine tierpsychologische Untersuchung. In: Zoologische Jahrbücher (Physiologie) Band 40, 1923.
[5] Die Nobelpreisrede ist zu finden unter: http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/1973/frisch-lecture.html.