KALENDERBLATT DEZEMBER 2018

Johann Wolfgang Döbereiner und die Universität Rostock

Am 26. Juni 1830 wurde dem Jenenser Professor Johann Wolfgang Döbereiner (1780–1849) durch die Medizinische Fakultät der Universität Rostock der Ehrentitel Dr. med. h. c. verliehen. Leider sind die Überlieferungen zu den frühen Ehrenpromotionen spärlich. Die Unterlagen im Archiv besagen, dass der Anlass für die Ehrung der 300. Jahrestag der Übergabe der Augsburgischen Konfession war und der Vorschlag mit Döbereiners Verdiensten in der Chemie begründet wurde [1].

Das erste Chemische Laboratorium an der Universität Rostock (Grafik: Archiv IfCh).
Das erste Chemische Laboratorium an der Universität Rostock (Grafik: Archiv IfCh).
J. W. Döbereiner und sein Feuerzeug auf einer Briefmarke (Quelle: Deutsche Post der DDR, 1980).
J. W. Döbereiner und sein Feuerzeug auf einer Briefmarke (Quelle: Deutsche Post der DDR, 1980).

Tatsächlich ist der Name Döbereiner mit dem Auffinden der Triadenregel verbunden, die eine wichtige Vorstufe auf dem Weg bis zur Aufstellung des Periodensystems vor 150 Jahren gewesen ist. Außerdem hat er sich intensiv mit der katalytischen Wirkung von Platinmetallen beschäftigt. Diese Untersuchungen führten zum Bau des Döbereiner-Feuerzeuges. 

Leider ist nicht überliefert, wer den Namen Döbereiner ins Gespräch gebracht hat. Zu jener Zeit wirkten besonders der Mediziner Carl Strempel (1800 – 1872) und der landesherrliche Bevollmächtigter, der spätere Vizekanzler Carl von Both (1789 –1875) für den Aufschwung der Naturwissenschaften in Rostock.

Döbereinersches Feuerzeug, Nachbau 1960er-Jahre (Quelle: P. Hallpap).
Döbereinersches Feuerzeug, Nachbau 1960er-Jahre (Quelle: P. Hallpap).

 Im Zusammenhang mit den Bemühungen um den Bau des ersten Chemischen Laboratoriums [2] entwickelte sich zwischen Strempel und von Both Streit: Strempel unterstützte die Pläne, er wollte jedoch ein Gebäude, das neben dem Laboratorium auch andere Sammlungen aufnehmen konnte. Deshalb wandte er sich zur Unterstützung seiner Idee an Döbereiner und an den Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777–1865) [3].

Döbereiner antwortete am 25. Februar 1833 beruhigend,

„dass ein blos zu wissenschaftlich- und dogmatisch-chemischen Experimenten bestimmtes und zweckmäßig eingerichtetes Laboratorium weder feuergefährlich noch nachtheilig für benachbarte Sammlungen von Naturgegenständen ist, weil alle – selbst technisch – d. h. im Großen veranlasste – pyrochemische Operationen unter einer feuerfesten Esse ausgeführt, und die dabei, oder in besondern Processen auftretenden Gasarten vollständig durch den Rauchfang abgeleitet werden, [. . . ] dass in keinem pneumatisch-chemischen Processe irgend ein Gas in so großer Menge auftritt, dass es nicht durch den Rauchfang abgeführt werden könnte, und dass diejenigen Antheile von Gas, welche sich zufällig, z. B. beim Zerspringen eines Apparates, im Raume des Laboratorium verbreiten und dann durch die Thüre und Fenster desselben entweichen, durch die atmosphärische Luft des innern und aeussern Raums so sehr verdünnt werden, dass sie, selbst wenn sie, wie z. B. Chlor im reinen Zustande höchst energisch wirken, aufhören chemisch zu reagiren: nur das Schwefelwasserstoffgas wirkt noch im verdünnten Zustande auf einige metallische Mineralien und viele chemische Praeparate, aber nicht auf thierische oder pflanzliche Substanzen, wird jedoch, wegen seiner Reaction auf chemische Praeparate, von jedem Chemiker so sorgfältig behandelt, dass fast nichts entweichen kann; [. . . ]

Ew.Wohlgeboren ersehen hieraus, dass ich Ihren Plan in Betreff der Einrichtung des neuen Museums in jeder Hinsicht für sehr zweckmäßig und gelungen halte. Das Locale für das Laboratorium ist gut gewählt, besonders wenn dasselbe den unmittelbaren Einflusse des Sonnenlichtes (welches man in neuerer Zeit als ein sehr kräftiges chemisches Agens erkannt hat) ausgesetzt ist. Da in jedem Laboratorium, worin ein thätiger Chemiker waltet, fast alljährlich einmal ein mehr oder weniger starke Explosion statt findet, wobei nicht selten die Fenster zerschmettert und nach außen geworfen werden, so möchte ich rathen, den Theil des einen Museum-Gebäudes, welcher das Laboratorium einschließt, wenigstens 34 Fuss entfernt von dem alten Collegien- Gebäude zu halten oder die nach diesem gekehrten Fenster desselben mit bauchförmig gebogenen Gittern zu verwahren.“ [4]

Doch Strempel konnte sich trotz beider positiver Gutachten nicht durchsetzen, sein Gegner von Both – erreichte es, dass nur für die Chemie ein kleines Laborgebäude auf dem Hof hinter dem Hauptgebäude gebaut wurde, das 1834 seiner Bestimmung übergeben wurde.

Gisela Boeck

Quellen

[1] UAR: Ehrenpromotionen der Medizinischen Fakultät.

[2] UAR: R XI A16 Bau des akademischen Museums 1832- 33.

[3] W. Engel: Gauß und die Universität Rostock. Rostock: Universität Rostock, Fachbereich Mathematik, Rostock 1997, S. 1 –14.

[4] Die Abschrift des Briefes liegt im UAR unter R XI A16 Bau des akademischen Museums 1832 – 33.