Fakultätspreise 2022

Die Überreichung der Fakultätspreise 2022 kann aufgrund der Cornona Pandemie nicht persönlich erfolgen, wir möchten dennoch die Preisträger mit großer Freude bekannt geben.

Alle Preisträger des Jahres 2022 berichten in kurzer Form über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit. Informieren Sie sich gern über die interessanten Themen an unserer Fakultät.

Die MNF bedankt sich bei der Firma SEAR GmbH für das Sponsoren von vier Fakultätspreisen und bei zwei Biologieprofessoren der MNF für das private Sponsoring.

 


Preisträger des Instituts für Biowissenschaften

(zwei Preisträgerinnen mit Notengleichheit)

Jasmina Gebert

Betreuer: Frau Prof. Frederike Hanke und Herr Prof. Guido Dehnhardt

Thema der Masterarbeit:

Funktionelle Charakterisierung der Vibrissen von Ohrenrobben (Otariidae)

Funktionelle Charakterisierung der Vibrissen von Ohrenrobben (Otariidae)

Die Vibrissen (umgangssprachlich: Barthaare) von Robben sind hochsensible Sensoren für die Wahrnehmung haptischer und hydrodynamischer Informationen. Mit diesen Haaren können Robben unter anderem Objekte durch aktives Tasten (haptisch) unterscheiden oder auch kleinskalige Wasserbewegungen wahrnehmen, die z.B. durch die Schwimmbewegung von Fischen entstehen. Diese Fähigkeit kann genutzt werden, um nach benthischer oder pelagischer Beute zu jagen, selbst wenn die Sicht beeinträchtigt ist. Im Vergleich zu den Vibrissen von landlebenden Säugetieren, haben die Barthaare der Robben eine einzigartige Struktur. Die Vibrissen sind oval im Querschnitt und haben entweder eine glatte oder undulierte (gewellte) Oberfläche. Es wird angenommen, dass die Unterschiede in der Oberflächenstruktur mit unterschiedlichen Mechanismen der Wahrnehmung hydrodynamischer Reize zusammenhängen. Während die Fähigkeiten von Seehunden (Phoca vitulina, Phocidae), welche undulierte Vibrissen besitzen, bereits gründlich untersucht wurde, ist bislang wenig über die Fähigkeiten von Ohrenrobben (Otariidae) mit glatten Vibrissen bekannt.
In dieser Masterarbeit sollten zwei Ziele erreicht werden: (1) die Konstruktion eines Versuchsaufbaus für Experimente mit hydrodynamischen Reizen und (2) das Training eines Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californianus, Otariidae) als Vorbereitung für diese psychophysikalischen Experimente.
Die Hauptkomponenten des Versuchsaufbaus waren eine Unterwasserstation, in der der Seelöwe auf die hydrodynamischen Reize warten sollte und ein computergesteuerter Shaker, über den eine Kugel in vertikale Schwingung versetzt wurde, die unter Wasser sogenannte hydrodynamische Dipol-Reize erzeugte. Bei Tests mit dem Versuchsaufbaus sind allerdings einige Probleme aufgetreten, die im Rahmen der Masterarbeit analysiert wurden, um den Versuchsaufbau für zukünftige Experimente zu optimieren.
Mithilfe der operanten Konditionierung wurde ein Kalifornischer Seelöwe für das Arbeiten in hydrodynamischen Experimenten trainiert. Dazu erlernte der Seelöwe eine Maske zu tragen, die die Augen abdeckte und so die Wahrnehmung visueller Reize während des Experimentes ausschloss. Für den Versuchsablauf wurde der Seelöwe trainiert, maskiert in die Unterwasserstation zu schwimmen und dort auf die Reizgenerierung zu warten, wobei seine Barthaare die Kugel noch berührten. Sobald die Kugel in Schwingung versetzt wurde, sollte der Seelöwe deren Wahrnehmung durch Verlassen der Station anzeigen. Diesen Versuchsablauf erlernte er innerhalb von sieben Sitzungen (196 Versuche). Allerdings konnte, aufgrund geringer Motivation und neophoben Verhaltens des Seelöwen, der Versuch nicht weitergeführt werden. Es wurden aber wichtige Trainingsschritte erreicht, die der Vorbereitung von Experimenten dienen, in denen Wahrnehmungsschwellen Kalifornischer Seelöwen für hydrodynamische Dipolreize bestimmt werden. Diese Experimente werden unser grundlegendes Wissen über die hydrodynamische Wahrnehmung bei Seelöwen als Modellorganismus für Otariiden erweitern.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.


Frederike Schleuter

Betreuer: Frau Dr. Mareike Fauser und Herr Prof. Guido Dehnhardt

Thema der Masterarbeit:

Einfluss einer chronischen tiefen Hirnstimulation auf die Expression neuronaler Wachstumsfaktoren im Parkinsonrattenmodell

Einfluss einer chronischen tiefen Hirnstimulation auf die Expression neuronaler Wachstumsfaktoren im Parkinsonrattenmodell

Die neurodegenerative Erkrankung Morbus Parkinson, auch Zitterkrankheit oder Schüttellähmung, geht charakteristisch mit dem Verlust dopaminerger Nervenzellen in bestimmten Regionen des Ge-hirns einher. Es ist bekannt, dass bei dieser Erkrankung die Konzentrationen von Proteinen zum Schutz und zur Regeneration von Nervenzellen, die sogenannten neuronalen Wachstumsfaktoren BDNF und GDNF, im Gehirn vermindert sind. Untersucht wurde, ob die Mengen an BDNF und GDNF durch die Behandlung mit einer langandauernden elektrischen Stimulation tiefliegender Hirnregionen beein-flusst werden können, um Schutz und Regeneration der betroffenen Neurone zu fördern. Dies wäre eine mögliche Erklärung für langfristige Wirkungen der tiefen Hirnstimulation, welche bei Parkinson-patienten seit über 60 Jahren erfolgreich als Therapie zur Symptomlinderung eingesetzt wird, deren Mechanismen aber bis heute nicht geklärt werden konnten.
Für die Untersuchungen wurden Proben aus den Gehirnen von Modellratten entnommen, welche zu-vor eine Parkinson-Induktion und eine tiefe Hirnstimulation erhielten. Darin wurden die Konzentratio-nen von BDNF und GDNF gemessen. Ein Einfluss der Stimulation auf die Wachstumsfaktoren in Parkin-sonmodellratten konnte nicht nachgewiesen werden. Der Vergleich mit Studien anderer Arbeitsgrup-pen legt nahe, dass die Wahl des Parkinsonmodells, der Stimulationsparameter und der Dauer der Behandlung zu unterschiedlichen Einflüssen einer Stimulation auf die Bildung dieser Wachstumsfakto-ren führt. Außerdem wurde in den Untersuchungen ein Einfluss der Hirnstimulation auf die Mengen von BDNF und GDNF in Vergleichstieren ohne Parkinson festgestellt, welcher Anreiz für weitere Unter-suchungen bietet.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.


Preisträger des Instituts für Chemie

Karsten Paul Lüdtke

Betreuer: Herr Prof. Axel Schulz und Herr Dr. Jonas Bresien

Thema der Masterarbeit:

Beiträge zur Chemie eines maskierten N-heterocyclischen Phosphinidens (mNHP)“

Beiträge zur Chemie eines maskierten N-heterocyclischen Phosphinidens (mNHP)“

Phosphinidene sind hochreaktive Verbindungen und die formalen Phosphoranaloga zu den Carbenen. Freie Phosphinidene sind instabil und nur in situ darstellbar. Maskierte Phosphinidene sind Verbindungen mit zweifach koordiniertem Phosphor, die aber zu Phosphinidenen analoge Reaktivitäten aufweisen und isolierbar sind. Mit der Reaktivität und Folgechemie eines neuen Vertreters dieser Stoffgruppe wurde sich in dieser Masterarbeit beschäftigt.

Mit besonderem Bezug zu klassischen Phosphinidenverbindungen und den strukturverwandten N2P2‑Biradikalsystemen der Schulz‑Gruppe wurden im Rahmen dieser Arbeit die Reaktivität gegenüber Isonitrilverbindungen und Kohlenstoffmonoxid und weiterführend die Chemie deren Aktivierungsprodukte untersucht (z.B. Bestrahlungsexperimente).

Klassische Phosphinidenverbindungen reagieren charakteristisch mit Mehrfachbindungssystemen in Cycloadditionsreaktionen (Bildung eines ringförmigen Produktes). Vergleichend konnte auch die Reaktivität des markierten Phosphinidens gegenüber unterschiedlichen Mehrfachbindungssystemen untersucht und Cycloadditionsprodukte isoliert werden. Dabei standen im Besondern die Synthese neuer Phosphaheterocyclen durch Aktivierung von Aldehyden und α,β‑ungesättigten Carbonylverbindungen und die Überführung von Alkinaktivierungsprodukten in kleine, synthetisch nutzbare Verbindungen (Chlorphosphirene) im Fokus.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.


Preisträger des Instituts für Mathematik

(zwei Preisträger mit Notengleichheit)

Anne-Marie Toparkus

Betreuer: Herr Prof. Holger Kösters

Thema der Masterarbeit:

Grenzwertsätze für fast instabile Hawkes-Prozesse und ihre Anwendung bei der Modellierung von Hochfrequenzmärkten

Grenzwertsätze für fast instabile Hawkes-Prozesse und ihre Anwendung bei der Modellierung von Hochfrequenzmärkten

Die sogenannten Hawkes-Prozesse wurden im Jahr 1971 durch Alan G. Hawkes als selbstanregende Punktprozesse eingeführt. Sie sind selbstanregend in dem Sinne, als dass das Eintreten eines Ereignisses die Eintrittswahrscheinlichkeit weiterer Ereignisse erhöht. Speziell im Bereich der Epidemiologie und im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewann die Anwendung dieser Prozesse stark an Bedeutung. In dieser Arbeit werden die Prozesse jedoch im Kontext der Finanzmathematik, genauer im Bereich des Hochfrequenzhandels untersucht. Der Hochfrequenzhandel ist ein mit Computern betriebener algorithmischer Handel, der sich durch geringe Reaktions- und Verzögerungszeiten sowie eine hohe untertägige Auftragsdichte auszeichnet. Viele Aufträge sind dabei Bestandteile eines großen Auftrags, welcher in kleinere Blöcke aufgeteilt wird. Diese Eigenschaft kann gut durch die selbstanregenden Hawkes-Prozesse modelliert werden.

Die Ergebnisse statistischer Schätzungen zeigen, dass in der Praxis häufig nur fast instabile Hawkes-Prozesse für eine adäquate Modellierung der Daten geeignet sind. Ein Hawkes-Prozess wird als fast instabil bezeichnet, falls die Norm der Kernfunktion der Intensität des Prozesses gegen eins strebt, diese jedoch nicht erreicht. Die Kernfunktion beschreibt hierbei, inwiefern sich vergangene Ereignisse auf zukünftige Aktivitäten auswirken. Gegenstand der Masterarbeit ist die Untersuchung des asymptotischen Verhaltens von fast instabilen Hawkes-Prozessen. Es stellt sich heraus, dass sich diese nach einer geeigneten Skalierung auf großen Zeitintervallen wie integrierte Cox-Ingersoll-Ross-Prozesse verhalten. Diese Prozesse werden in der Finanzmathematik zur Beschreibung der Entwicklung von Zinssätzen eingesetzt und können hier für die statistische Schätzung der Parameter eines Hawkes-Prozesses nützlich sein. Die Beweise greifen dabei auf Konvergenzsätze für stochastische Integrale sowie stochastische Differentialgleichungen zurück. Mit Hilfe der Hawkes-Prozesse wird ein Preismodell aufgestellt, auf welches der Grenzwertsatz für fast instabile Hawkes-Prozesse angewendet wird. Als Resultat erhält man die Konvergenz des Hawkes-basierten Preismodells gegen eine Variante des bekannten Heston-Modells, welches die Entwicklung der Volatilität eines Basiswertes beschreibt.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.

Björn Kriepke

Betreuer: Frau Prof. Gohar Kyureghyan

Thema der Masterarbeit:

Existence of Specific Solutions to Systems of Linear Equations over Finite Fields

Existence of Specific Solutions to Systems of Linear Equations over Finite Fields

Ein Kartendeck des Kartenspiels ”Set“ enthält 81 Karten. Jede dieser Karten hat vier Attribute, welche jeweils einen von drei Werten haben (Form: Oval, Raute, Welle; Farbe: Rot, Grün, Violett; Anzahl: eins, zwei, drei; Füllung: leer, schraffiert, voll). Ein Set ist eine Auswahl von drei Karten, die pro Attribut entweder alle denselben oder alle einen anderen Wert haben. Ziel des Spiels ist es, aus einer gegebenen Menge an ausgelegten Karten ein Set zu finden. Eine interessante Frage ist dabei, wie viele Karten maximal ausgelegt werden können, ohne dass ein Set existiert. Für n = 4 Attribute ist die maximale Anzahl 20 bekannt, aber für n = 7 Attribute ist sie bereits unbekannt. Eine schwächere Frage ist wie sich die maximale Anzahl asymptotisch verhält, wenn n beliebig groß wird.

Mathematisch lässt sich dies als Frage nach der Existenz von Lösungen von bestimmten linearen Gleichungssystemen (LGS) formulieren. In einer Menge von Vektoren (”ausgelegte Karten“) soll eine Teilmenge existieren, die ein gegebenes LGS löst (”ein Set bildet“) und gegebenenfalls noch weitere Eigenschaften erfüllt. Wie groß kann dabei die Menge an Vektoren sein, ohne dass eine solche Teilmenge existiert? Viele andere Fragestellungen in der Kombinatorik lassen sich auf ähnliche Weise formulieren.

Um Fragen dieser Art zu beantworten, hat Terence Tao die slice-rank polynomial method eingeführt, welche von Lisa Sauermann weiterentwickelt wurde. In meiner Masterarbeit stelle ich diese Theorie vor. Als Ergebnis wird gezeigt, dass sich die maximale Anzahl asymptotisch exponentiell klein verhält im Vergleich zur gesamten Menge an möglichen Vektoren (”das gesamte Kartendeck“). Dabei werden verschiedene Werkzeuge aus der Theorie der Endlichen Körper, der Linearen Algebra, der Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitstheorie benutzt. Eine besondere Rolle fur die Entwicklung der Beweise spielen dabei die sogenannten admissible sets.

Weiterhin wird der Zusammenhang zwischen den admissible sets und Objekten in der Codierungstheorie untersucht. Die Codierungstheorie versucht Informationen so darzustellen, dass sie trotz Übertragungsfehlern noch zu entnehmen sind. Zum Beispiel kann bei QR-Codes ein gewisser Teil überdeckt oder übermalt werden und trotzdem lässt sich der QR-Code noch scannen. Dafür werden gewisse Strukturen mit speziellen kombinatorischen Eigenschaften benötigt.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.

Preisträger des Instituts für Physik

Elisabeth Anne Herzig

Betreuer: Herr Dr. Lennart Seiffert, und Herr Prof. Dr. Thomas Fennel

Thema der Masterarbeit:

Numerische Beschreibung der Elektronenemission aus Nanospitzen in Einzelzyklenpulsen

Numerische Beschreibung der Elektronenemission aus Nanospitzen in Einzelzyklenpulsen

Intensive Laserfelder ermöglichen es, die Dynamik von Elektronen auf ultrakurzen Zeitskalen zu untersuchen und zu steuern. Dieses Forschungsfeld der Attosekundenphysik hat bereits tiefe Einblicke in die physikalischen Prozesse in Atomen und Molekülen geschaffen und die zentralen Prozesse, wie die Elektronenbeschleunigung durch elastische Rückstreuung, wurden mittlerweile auch an Nanostrukturen wie Nanospitzen nachgewiesen. Die dort auftretende Lokalisierung der Elektronenemission und die lokale Verstärkung des einfallenden Laserfeldes beeinflussen zusätzlich die Elektronendynamik, sodass neue Szenarien im Vergleich zu atomaren Systemen zu finden sind. Insbesondere der Einsatz von gesteuerten ultrakurzen Laserpulsen mit nur etwa einer Schwingung im elektrischen Feld, sogenannte Einzelzyklenpulse, lässt neue Möglichkeiten der Generierung und Nutzung ultrakurzer, kohärenter Elektronenpulse erwarten.

Um das Emissionsverhalten von Nanospitzen unter dem Einfluss von Einzelzyklenpulsen zu beschreiben und zu untersuchen, werden in dieser Masterarbeit semiklassische und voll quantenmechanische Simulationen eingesetzt. Im Zentrum steht dabei die Auswertung und Analyse der Energiespektren der Photoelektronen in Abhängigkeit der Träger-Einhüllenden-Phase des einfallenden Laserpulses. Diese Spektren zeigen bei Verwendung von Einzelzyklenpulse auffällige Signaturen, die sich deutlich von denen früherer Studien unterscheiden, die mit Mehrzyklenpulsen durchgeführt wurden. Die Prozesse, die zu diesen Signaturen im Spektrum führen, werden durch Erweiterung des berühmten semiklassischen Simple-Man’s Modells der Starkfeldphysik ergründet. Dabei zeigt sich beispielsweise, dass bei Einzelzyklenpulsen im Gegensatz zu Mehrzyklenpulsen die Interaktion von direkt emittierten Elektronen mit solchen, die an der Nanospitze rekollidieren, eine hohe Relevanz in der Entstehung der Signaturen hat.

Kurzform über das Arbeitsgebiet und die Ergebnisse der Masterarbeit als pdf-Datei.