KALENDERBLATT JULI 2019
Seht, was aus uns geworden ist!
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) veranstaltet seit dem Jahr 2000 zusammen mit der Initiative Wissenschaft im Dialog (WiD) die Wissenschaftsjahre. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom Stiftung und der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) wurde 2008 das Jahr der Mathematik ausgerichtet. Unter dem Motto: „Mathematik. Alles, was zählt“, fanden bundesweit mehr als 750 Veranstaltungen statt. Zu den herausragenden Veranstaltungen am Institut für Mathematik in Rostock zählte die STAUNT’08-Tagung, die vom 8. bis 10. September 2008 stattfand.
STAUNT stand dabei als Backronym für den Satz „Seht, was aus uns geworden ist!“
Die Tagung richtete sich an ehemalige Teilnehmer von mathematischen Schülerwettbewerben und ihre Förderer:
• Internationale Mathematik-Olympiade
Diese „Weltmeisterschaft“ für Schüler findet jährlich seit 1959 statt. Die DDR nahm seit 1959 daran teil, die Bundesrepublik seit 1976. Jedes teilnehmende Land kann bis zu sechs Teilnehmer entsenden. Inzwischen nehmen mehr als 100 Länder teil.
Das Büchlein The German Teams at the International Mathematical Olympiads 1959 – 2008, 2009, Bock, Bad Honnef gibt einen Überblick über alle deutschen Teilnehmer und deren Karrieren.
• Mathematik-Olympiaden
Dieser nationale Wettbewerb wurde 1961 in der DDR gestartet und wird jetzt bundesweit angeboten. Es ist ein vierstufiger Wettbewerb für die Klassenstufen von 3 bis 12/13. Es nehmen jährlich mehrere 100 000 Schülerinnen und Schüler teil.
• Bundeswettbewerb Mathematik
Dieser Wettbewerb wurde in der Bundesrepublik 1970 eingeführt und ist für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe konzipiert und hat jährlich etwa 1000 bis 2000 Teilnehmende.
• Jugend forscht
Traditionell ist die Universität Rostock ein Zentrum der Förderung von mathematisch talentierten und interessierten Schülerinnen und Schülern. Prof. Dr. Wolfgang Engel (KB 07/2018) – einer der Väter der Mathematik-Olympiaden – sammelte um sich eine Schar sehr aktiver Kollegen, welche die Wettbewerbe im ganzen Land wesentlich mitgestalteten. Das ist auch der Grund für die Durchführung dieser Tagung an der Universität Rostock, die unter Leitung der Professoren Konrad Engel, Hans-Dietrich Gronau und Roger Labahn stand.
Die Vorträge umfassten die Schwerpunkte:
Mathematik in der Wissenschaft,
Mathematik in der Wirtschaft,
Mathematik und Wettbewerbe.
Die Tagungsteilnehmer berichteten in überaus spannenden, aber auch unterhaltsamen Vorträgen über ihre jetzige Arbeit und ihren beruflichen Lebensweg, der immer über mathematische Wettbewerbe führte. Diese Reflexionen der inzwischen anerkannten Experten zeigten neben einer beeindruckenden Vielfältigkeit aktueller Arbeitsgebiete auch den Langzeitnutzen der frühen Beschäftigung mit Mathematik. Dies bot insbesondere den Zuhörern aus den Reihen der Nachwuchswissenschaftler, Lehrer, Studenten und Schüler interessante Impulse für ihre eigene Entwicklung.
Unter den Hauptvortragenden sollen hier folgende besonders erwähnt werden:
Prof. Dr. G. Faltings. Er war Sieger 1971 und 1972 im Bundeswettbewerb Mathematik und ist Professor an der Universität Bonn. 1986 wurde er mit der Fields-Medaille geehrt. Die Fields-Medaille gilt als Nobel-Preis für Mathematik und wird alle vier Jahre an höchstens vier Personen verliehen. Prof. Faltings war zu diesem Zeitpunkt der einzige Deutsche, der diese Auszeichnung erhalten hatte.
Dr. Reinhard Höppner. Er nahm 1966 und 1967 an den Internationalen Mathematik-Olympiaden teil und errang dort eine Gold- und eine Silbermedaille. Nach der Wende engagierte er sich in der Politik und war von 1994 bis 2002 Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt.
Dr. Christian Reiher. Er hat schon sehr jung sein außergewöhnliches mathematisches Talent gezeigt. Wenn man schon früh das hohe Niveau der Abiturienten erreicht, kann man sich sogar mehrfach für die Internationale Mathematik-Olympiade (IMO) qualifizieren. Christian schaffte es sogar fünf Mal und errang dabei vier Gold- und eine Bronzemedaille. Damit war er viele Jahre in der Geschichte der IMOs der erfolgsreichste Teilnehmer. Nach dem Mathematik-Studium in München kam er zu Prof. Gronau zur Promotion. Seine hervorragende Dissertation wurde auch mit dem Jungius-Preis der Universität ausgezeichnet. 2017 erhielt er den europäischen Kombinatorik-Preis.
Dr. Thorsten Kleinjung. Er hat 1987 und 1988 an den IMOs teilgenommen und jeweils eine Goldmedaille errungen. Dr. Kleinjung arbeitet auf dem Gebiet der Primzahlen und kryptologischen Verschlüsselungen. In einem Team an der Uni Bonn gelang es, einen Weltrekord bei der Zerlegung großer Zahlen in ihre Primfaktoren aufzustellen. Er ist selbst sehr aktiv in der Schülerförderung.
Prof. Dr. Günter Ziegler. Er gewann bei der IMO 1981 eine Goldmedaille. Er ist zweifelsohne einer der führenden deutschen Mathematiker der letzten Jahrzehnte. 2008 war er auch der Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.
An der Tagung nahmen weit mehr als 100 Personen teil. Alle waren sich einig, dass man über die sehr erfolgreichen und interessanten Lebenswege der ehemaligen Olympiade-Teilnehmer nur staunen kann!
Siehe auch: http://www.math.uni-rostock.de/staunt
Hans-Dietrich Gronau