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Robert Bauch – Ein rassistisch diskriminierter Hochschullehrer im „Dritten Reich“

Robert Bauch (Quelle: Universitätsarchiv Greifswald).
Robert Bauch (Quelle: Universitätsarchiv Greifswald).

Am 1. April 1933 wurde Robert Bauch (1897-1957), Oberassistent am Botanischen Institut, vom Rostocker NS-Studentenbundführer Werner Trumpf aufgefordert, seine Arbeit sofort einzustellen. Denn Bauch, so Trumpf, sei Jude.

Solche antisemitischen Aktionen fanden in den Wochen und Monaten nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 an vielen deutschen Hochschulen statt. In Rostock trafen sie nicht nur die beiden jüdischen Professoren David Katz und Hans Moral, sondern auch Robert Bauch. Sein Fall unterscheidet sich allerdings in einem wesentlichen Aspekt von dem anderer verfolgter und diskriminierter jüdischer
Hochschulangehöriger: Bauch war nach nationalsozialistischer Gesetzgebung gar kein Jude.

Dennoch musste er sich über viele Jahre hinweg von parteilichen sowie staatlichen Stellen schikanieren lassen. Am Beginn stand seine erste Kündigung im September 1933 aufgrund der ihm unterstellten jüdischen Herkunft. Jedoch konnte Bauch seine Entlassung verhindern, da hierfür schlicht die Rechtsgrundlage fehlte.

Da Bauch „hier Schwierigkeiten wegen seines ‚jüdischen‘ Aussehens“ habe, bat Rektor Paul Schulze im November 1933 den NS-Rassenhygieniker Eugen Fischer um die Anfertigung eines „kurzen anthropologischen Gutachtes“. Als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik bescheinigte er Bauch einige Wochen später zwar ein „jüdisches Aussehen“. Doch daraus könne nicht auf eine jüdische Abstammung geschlussfolgert werden, denn die „Merkmale [. . . ] sind vielmehr in der väterlichen [. . . ] rein arischen Familie anzutreffen.“

Ungeachtet dessen wollte man Bauch in Mecklenburg loswerden und führte nun wiederholt fachliche Gründe an. Da er jedoch seit mehr als zehn Jahren Universitätsangestellter war, bedurfte es gewichtiger Gründe für dessen Entlassung. Deshalb lehnte das zuständige Berliner Reichs- und Preußische Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) das Mecklenburger Ansinnen ab. Und so war Bauch – so unglaublich es klingen mag – weiterhin antisemitischen Diskriminierungen ausgesetzt. 1937 meinte Rektor Ernst-Heinrich Brill, Bauch könne wegen seines jüdischen Urgroßvaters „die Interessen des dritten Reiches nicht mit der [erforderlichen; F. D.] Wärme und inneren Überzeugungskraft“ vertreten. 1938 hielt Heinrich Gißel, Führer der NS-Dozentenschaft, fest, Bauchs „Aussehen“ und „Wesenszüge“ ließen „ihn nicht als Vertreter deutscher Wissenschaft erscheinen“. Die „wenigen Prozente seines nichtarischen Blutes“ hätten damit nichts zu tun.

Im November 1941 wurde Bauch schließlich formal aus fachlichen Gründen gekündigt und ihm vom REM eine Stelle an der Reichsuniversität Posen zugewiesen. Da es dort aber keine Beschäftigungsmöglichkeit gab, erfolgte im Dezember 1942 seine Rückversetzung nach Rostock. Dies geschah gegen den Widerstand der Universitätsleitung und Bauchs ehemaligen Institutsvorgesetzten Hermann von Guttenberg, der nun auch persönliche Motive anführte. Daraufhin wurde Robert Bauch vom REM auferlegt, seine Kündigung selbst bis Ende April 1943 einzureichen. Erst nachdem er dagegen protestiert hatte, wurde die ganze Angelegenheit kurzerhand auf die Zeit nach dem Krieg vertagt.

Schließlich erhielt er eine Stelle in der Mykologischen Abteilung an dem vom Heereswaffenamt mitfinanzierten Institut für Mikrobiologie unter Leitung des Rostocker Professors Kurt Poppe. Dort blieb er über das Kriegsende hinaus beschäftigt und bekam für seine kriegswichtigen Arbeiten bis 1945 erhebliche Forschungsgelder.

1947 wechselte Bauch an die Universität Greifswald, wo er 1950 zum Professor mit Lehrstuhl für Botanik und Pharmakognosie ernannt wurde und im Alter von 60 Jahren im Juni 1957 verstarb.

Florian Detjens

Quellen:

[1] Eintrag zu Robert Bauch im Catalogus Professorum Rostochiensium: purl.uni-rostock.de/cpr/00002357
[2] UAR: 1.07.0, Akte K 095-0128.1.
[3] UAR: 1.11.0, Personalakte Robert Bauch.
[4] H. Heiber: Universität unterm Hakenkreuz, Teil 1: Der Professor im Dritten Reich. Bilder aus der akademischen Provinz, München u. a., 1991.